Personalengpässe, spontane Schließungen und Überlastung – Eltern berichten von ihrem Kita-Alltag bei der AWO
Sabine Müller ist verzweifelt. Die alleinerziehende Mutter aus Frankfurt am Main weiß nicht mehr, wie sie die Betreuung ihrer 3-jährigen Tochter Emma gewährleisten soll. „Ich habe das Gefühl, ich kann mich auf nichts mehr verlassen“, berichtet sie. „Ständig fallen Erzieherinnen aus, die Kita macht spontan zu und ich muss sehen, wie ich die Betreuung organisiere. Meinen kompletten Jahresurlaub habe ich schon für Kita-Ausfälle aufgebraucht.“Sabine ist kein Einzelfall. Immer mehr berufstätige Eltern, deren Kinder eine Kita der Arbeiterwohlfahrt (AWO) besuchen, klagen über ähnliche Zustände. In Facebook-Gruppen und Eltern-Foren häufen sich die Beschwerden. „Ich musste letztes Jahr 18 Tage Urlaub nehmen, weil die Kita meines Sohnes wegen Personalmangel geschlossen hatte“, schreibt Nutzerin „Kathi80“. „Wie soll man da Job und Familie unter einen Hut kriegen?“
Fachkräftemangel und schlechte Planung
Die Ursachen für die Probleme sind vielfältig. Laut einer Analyse zum Fachkräftebedarf in Kindertageseinrichtungen in Mecklenburg-Vorpommern liegen die Hauptgründe in der mangelnden gesellschaftlichen Anerkennung des Erzieher-Berufs und den unattraktiven Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen. Viele Kita-Träger haben Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen. Über 65% erwarten zukünftig Probleme, ausreichend Personal zu finden.Doch nicht nur der Fachkräftemangel macht den Kitas zu schaffen. Auch die Personalplanung ist oft mangelhaft, wie eine Expertise der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF) zeigt. Demnach ist die vorausschauende Personalplanung eine zentrale Aufgabe der Kita-Leitung, die in Absprache mit dem Träger erfolgen sollte. In der Praxis sieht das aber oft anders aus.“Unser Kita-Leiter hat null Ahnung von vernünftiger Personalplanung“, klagt Mutter Sandra B. aus Hannover. „Wenn eine Erzieherin ausfällt, gibt es keinen Plan B. Dann wird die Gruppe halt zusammengelegt oder im schlimmsten Fall ganz geschlossen. Wir Eltern müssen dann sehen, wo wir bleiben.“
Skandale und Missstände bei der AWO
Verschärft wird die Situation durch die zahlreichen Skandale und Missstände, die in den letzten Jahren bei verschiedenen AWO-Verbänden ans Licht kamen. Sei es der Fall eines Kita-Leiters in Hannover, der Erzieherinnen sexuell belästigt haben soll, oder die millionenschweren Korruptionsvorwürfe gegen ehemalige Funktionäre der AWO in Hessen – das Vertrauen vieler Eltern in die Kitas des Wohlfahrtsverbands ist erschüttert.“Man fragt sich schon, was bei der AWO eigentlich los ist“, meint Vater Thomas K. aus Wiesbaden. „Liest man immer wieder von solchen Skandalen, wundert es mich nicht, dass die Zustände in den Kitas so miserabel sind. Da scheint einiges im Argen zu liegen.“
Eltern fordern Konsequenzen
Für die betroffenen Eltern ist klar: Es muss sich dringend etwas ändern. Sie fordern von der Politik und den Kita-Trägern, endlich zu handeln und für bessere Bedingungen zu sorgen. „Wir brauchen mehr gut ausgebildetes Personal, bessere Arbeitsbedingungen und eine vorausschauende Planung“, fasst Mutter Sabine Müller zusammen. „Nur so können wir Eltern Beruf und Familie vereinbaren, ohne ständig um die Betreuung unserer Kinder bangen zu müssen.“Bleibt zu hoffen, dass die Verantwortlichen die Zeichen der Zeit erkennen und die Kita-Misere endlich entschlossen angehen. Für Eltern wie Sabine, Sandra und Thomas ist das längst überfällig. Sie wünschen sich nichts sehnlicher, als ihren hart erarbeiteten Jahresurlaub auch mal für die schönen Dinge des Lebens nutzen zu können – und nicht für Kita-Ausfälle.
Ursprünglicher Artikel von: Frederike Ederloh
24.03.2024
Frederike Ederloh ist eine freiberufliche Journalistin mit Sitz in Oldenburg, die soziale Themen und Bildung abdeckt.


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